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DIE SAMEN - RäTSELHAFTES VOLK HOCH IM NORDEN

VON GOTTFRIED BAUER

 
 

Stellen Sie sich ein Land vor mit hohen Bergen und weiten Ebenen, mit Gebirgsseen und Flusstälern; stellen Sie sich eine Tierwelt vor, bestehend aus riesigen Rentierherden, im Ruden jagenden Wölfen und Adlern, die ihre mächtigen Flügel ausbreiten; stellen Sie sich die Jahreszeiten vor, geprägt von langen, kalten Wintern und kurzen, fruchtbaren Sommern, das ist das Land der Lappen, oder besser gesagt der Samen!

Schon seit langer Zeit haben die Samen in dem Gebiet gewohnt und gejagt, das 'Nordkalotten' genannt wird. Über die Herkunft der Samen streiten die Anthropologen bis zum heutigen Tag. Im 16. Jh. begannen vielen Lappen mit der Rentierhaltung. Jedes Jahr folgen die Lappen, die Rentiere halten, ihren Herden auf deren natürlichen Wanderungen: Zur Küste im Frühjahr und im Herbst wieder zurück zu den Ebenen im Landesinneren.

Die Samen sind eine nationale Minderheit in Norwegen, Schweden, Finnland und Russland und wurden als solche lange Zeit dazu gedrängt, sich an die Mehrheitsvölker anzupassen. Deshalb bekennen sich heute nur noch etwa insgesamt 50.000 Menschen zur samischen Sprache, wovon gut die Hälfte in Norwegen lebt. Sie haben ihre eigene Kultur, ihre eigene Sprache und ihre eigene Geschichte und vertreten seit wenigen Jahrzehnten auch ihre politischen Forderungen mit Nachdruck. 1971 wurde im schwedischen Gällivare der landesübergreifende Nordische Samenrat gegründet - seither ist die Minderheit in den drei skandinavischen Staaten auf dem Vormarsch.

Das traditionelle Leben der Samen gerät jedoch immer mehr in Vergessenheit - heute wird die traditionelle blau-rote Tracht nur noch an wenigen Festtagen oder für die vielen vorbeikommenden Touristen getragen.

Lebensbedingungen in Lappland

Klima und Umwelt schufen harte Lebensbedingungen in Lappland und machten einen Zusammenhalt der Menschen untereinander erforderlich. Die unterschiedlichen Familien zogen daher gewöhnlich in Einheiten umher, den sogenannten 'siidas'.

Das Nomadenleben der Rentierzüchter (in den Bergen lebende Samen) bedingte, dass die 'siida' von den Winterweiden auf die Sommerweiden verlegt werden musste. Die Samen, die an der Küste oder im Landesinneren sesshaft waren, waren die 'verdde' (Freunde) der nomadisierenden Samen. Zwischen den nomadisierenden und den sesshaften Samen wurden sowohl Dienstleistungen, als auch Waren ausgetauscht.

Eine 'siida' diente einst als Basis für die Zusammenarbeit bei der Jagd und beim Fischfang. Gleichzeitig war sie so etwas wie ein 'Exekutivrat', dem die Ordnung aller wichtigen Angelegenheiten oblag. So war jede 'siida' ein kleiner Staat im Staat, geleitet vom Gewohnheitsrecht, beherrscht meist von einem obersten Rat und getragen vom Kollektiv der Männer und Frauen, in dem der soziale Status des einzelnen nicht von seinem Besitz abhängig war, sondern vielmehr von seinem Einsatz zum Wohle aller. Heute ist die 'siida' ein sowohl ein Gebiet mit Rentierweiden, als auch ein Zusammenschluss von mehreren Rentierzüchterfamilien, die beim Hüten, Markieren und Schlachten ihrer Rentierherden zusammen arbeiten.

Das Leben als Nomaden

Die Samen hatten mehrere Behausungsformen, die sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt haben - man lebte in einer 'gamme', einem 'lavvu' oder einem 'goahti'. Die 'gamme' war eine Hütte, die aus gebogenen Stäben, die von Wandstangen gestützt wurden, errichtet wurde. Gedeckt wurde die Hütte mit Torf. Als Material wurden Holz, Birkenrinde, Torf und Stein verwendet. Bei guter Instandhaltung konnte sie mindestens 60 Jahre bewohnt werden.

Ein 'lavvu' ist ein spitzes Zelt mit Birkenstämmen als Zeltstangen. Als Zeltplane wurden Felle oder gewebte Wollteppiche verwendet. Heute nimmt man dazu meist leichtere und wasserdichte Materialien. Ein 'goahti' ist ein Zelt, das aus zwei gebogenen Stangen, die einen größeren Innenraum gewähren, besteht. Sowohl das 'lavvu' als ach das 'goahti' sind transportierbar und können problemlos auf- und abgebaut werden. Sie eignen sich daher gut für das Nomadenleben.

Mythologie

Die Samen lebten immer im Pakt mit der Natur. Glaube und Leben wurden von den Launen der Natur gelenkt, während die Götter sich in unterschiedlichen Formationen in der Landschaft ansiedelten. 'Noaidi' - der Schamane der Samen - konnte in die Welt der Geister eintreten und den Willen der Götter deuten. Alle Naturkräfte wurden bei den Samen als Gottheiten verstanden, über alle Stätten der Natur wachten Geister oder 'Herren'. Jedes Tier, jede Pflanze, jedes Ding galt als beseelt, wie entsprechend auch der Mensch als aus den beiden Komponenten Körper und Seele verstanden wurde. Die Naturgottheiten, allen voran der Urvater Radien-attje, wurden an speziellen Opferplätzen verehrt, von denen bisher etwa 1000 in Lappland nachgewiesen wurden. Hier und da steht inmitten solcher Kultplätze auch noch ein von der Natur geformtes 'Götterbild' aus Stein, der sogenannte 'seite' (der Wohnort des verehrten Gottes), aber die allermeisten 'seiten', denen man sich barhäuptig und auf Knien näherte, wurden von Missionaren und getauften Samen in religiösem Eifer zerschlagen.

Handwerk

Das Handwerk der Samen ist geprägt von einem Leben mit harter Arbeit. Die Gegenstände des täglichen Gebrauchs haben neben ihrer praktischen Funktion vielfach einfache Ornamente und kräftige Farben, die ihnen ein wunderschönes Aussehen geben.

Vom Rentier wird alles verwendet: Aus dem Fell werden Kleidungsstücke und Decken gemacht, aus den Sehnen wird Nähfaden hergestellt, während das Geweih und die Knochen zu schönen Gerätschaften verarbeitet werden. Das traditionelle Lappenmesser ist ein einfaches, jedoch praktisches Werkzeug. Stickereien aus Zinnfaden sind eine lappländische Spezialität, während der Silberschmuck als Bestandteil der lappländischen Festtrachten ursprünglich eine Tauschware von umherreisenden Händlern war.

Ein bemerkenswertes handwerkliches Erzeugnis ist die Schamanentrommel, die mit Rentierhaut bespannt und mit mythologischen Symbolen bemalt ist. Sie half den Schamanen bei der Meditation und verschiedensten Riten und wurde dementsprechend von den christlichen Missionaren verteufelt - alle Schamanen mussten ihre Trommeln abgeben. In ganz Lappland gibt es heute keine alten Schamanentrommeln mehr.

 
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