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LIBYENS WüSTE (MAG. REINHARD WOGRITSCH)

 
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Als im Jahre 640 v. Chr. die ersten griechischen Kolonisten einem Orakelspruch aus Delphi folgend von Santorin aus nach Libyen in See stachen, war ihre Enttäuschung nur allzu groß, als sie anstatt des verheißenen ‘Gold-Landes’ nur goldfarbenen Sand vorfanden.

Etwa 90% der Gesamtfläche Libyens, die ca. 1.760.000 qkm beträgt und dieses Land somit zum viertgrößten Staat Afrikas nach dem Sudan, Algerien und der DR Kongo macht, stehen ganz im Einfluss der Sahara. Der Großteil der Bevölkerung lebt daher in den klimatisch begünstigten Regionen, den schmalen Küstenstreifen im Norden des Landes, vorwiegend in den Ballungszentren Tripolis, Misrata und Benghazi.

Der Rest des Landes hingegen ist fast menschenleer. Nur in vereinzelten Oasenstädten, wie beispielsweise in Ghadames und in den Oasen von Jufra und von Kufra, ist es den Menschen gelungen unter diesen lebensfeindlichen Bedingungen zu überleben und das schon seit Generationen. Was bedeutet dies nun für einen Reisenden, der sich dazu entschlossen hat, Libyen und seinen Anteil an der Sahara kennen zu lernen? Was erwartet ihn?

Gleich an dieser Stelle sei festgehalten, dass Wüste nicht gleich Wüste ist! Es gibt wahrscheinlich keine Landschaftsform auf dieser schönen Erde, die vielfältiger und bisweilen auch farbenfroher ist als die Wüste. Zumeist verbinden wir hohe Sanddünen mit diesem Landschaftstypus, aber nur ein Sie-bentel der gesamten Sahara besteht aus Dünenfeldern, in manchen Regionen Idhan oder Erg genannt. Die übrigen sechs Siebentel machen Stein- bzw. Geröllwüsten (Hamada), der häufigste Typus, und weite Kiesflächen (Serir) aus.

Nun auf Libyens weite Wüstengebiete näher ein zu gehen, würde zahlreiche Bände füllen, daher seien nur einige der landschaftlichen Höhepunkte im Detail angeführt, die die Schönheit dieser beeindruckenden Naturregionen besonders hervorheben.

Der Mückenkrater
Vor ca. zwei Millionen Jahren waren weite Teile Libyens seismisch äußerst aktiv, davon zeugt auch unter anderem der im Herzen Libyens liegende Waw an-Namus, frei übersetzt der Mückenkrater, ein längst erloschener Vulkan von über drei Kilometer Durchmesser. Seine dunklen, bis zu 550m hohen Wälle steigen außen nur sanft an, fallen jedoch innen abrupt mit bis zu 40° Neigung in die Senke. Hat man den Grat der Caldera einmal erklommen, tut sich dem Betrachter ein wahrhaft atemberaubender Anblick auf. In der Mitte thront der klobige Zentralkegel, der von malerisch schönen, blauen, grünen und roten Miniaturseen umsäumt wird, deren Ufer salzverkrustet sind. Wie diese Seen mit Wasser gespeist werden und vor allem woher dieses Wasser stammt, lässt sich nur schwer erklären. Vermutlich werden sie von unterirdischen Wasserlinsen versorgt, die sich während der letzten Regenperioden, die sich zeitgleich zu unseren Eiszeiten ereigneten, gebildet hatten. Es empfiehlt sich, eine Wanderung im Waw an-Namus zu unternehmen, jedoch sollte man beachten, dass das feine Geröll mitunter sehr rutschig sein kann und daher eine gewisse Trittsicherheit erforderlich ist. Man sollte auch tunlichst davon absehen mit einem Fahrzeug in die Senke hinunter zu fahren, da die Spuren das idyllische Bild für längere Zeit zerstören würden. Auf der Südseite des Zentralkegels führt ein schmaler, nicht allzu steiler Pfad hinauf, der ganz oben in eine Weggabelung mündet. Der Schlot lässt sich bequem auf beiden Wegen passieren, die vom Kegelrand einen direkten Blick in den eigentlichen Krater ermöglichen. Der Abstieg lässt sich von der Nordseite aus in Angriff nehmen, wobei der Weg den Wanderer um den Vulkan herum fast wieder zum Ausgangspunkt des Aufstiegs zurück führt. Für die äußerst interessante Anreise über weite Ebenen und durch enge Wadis zum Waw an-Namus können von al-Fugha oder von Tmissah aus etwa 2 - 3 Tage einkalkuliert werden.

Das Geheimnis der Mandara-Seen
Als besonderes Highlight darf man die in hohen Sanddünen malerisch eingebetteten Mandara-Seen bezeichnen, die sich in einem Ausläufer des riesigen Idhan Ubari befinden. Dessen mächtige Wände aus Sand scheinen diese von Palmen umsäumten Gewässer jeden Augenblick verschütten zu wollen, aber wie durch ein Wunder machen sie direkt am Ufer halt. Ein begehrtes Fotomotiv bei allen Wüstenreisenden! Vor ca. 400.000 Jahren hat sich in diesem Teil der heutigen Sahara ein etwa 350.000 qkm großer Binnensee befunden. Die Mandara-Seen sind kleine Reste davon und nur wenige von ihnen führen noch Wasser. Es dürfte außer Zweifel stehen, dass kleinere Sandlawinen in die Seen stürzen, jedoch - so eine Theorie - brechen die Hohlräume des karstigen Unterbodens unter dem Gewicht des Sandes immer wieder zusammen, wodurch eine Auffüllung verhindert wird. Da die Seen ohne Abfluss sind und die Verdunstungsrate in dieser Region die höchste der Welt ist, ist der Salzgehalt extrem hoch und die Sättigung beläuft sich durchschnittlich auf ca. 34%. Gräbt man jedoch nur wenige Meter neben dem Seeufer ein Loch, so stößt man auf Grundwasser, das zwar nicht sonderlich schmeckt, aber dennoch genießbar sein dürfte, denn dieses Grundwasser bildete letztendlich die Existenzgrundlage für Siedlungen am Gabroun See und am Mandara See. Die Bevölkerung lebte vorwiegend von ihren Dattelpalmen und vom Verkauf einer Paste aus Salinenkrebschen, die auch heute noch in unvorstellbaren Mengen vorkommen und die damals zu einem Aphrodisiakum verarbeitet wurden. 1982 initiierte Libyen landesweit eine große Umsiedelungskampagne, wobei neue Dörfer gebaut und die Altstädte aufgegeben und teilweise geschliffen wurden. So auch im Falle der Bewohner von Gabroun und Mandara, die heute in neuen, zum Teil klimatisierten Häusern zwischen der zentralen Metropole Sabha und der kleinen Stadt Germa leben. Eine Fahrt zu diesen Seen ist ein absolutes Muss. Dünenwanderungen oder einfach nur genügend Zeit zum Verweilen und Genießen sollten unbedingt eingeplant werden, denn nirgendwo sonst kann man das klassische Bild der Wüste - Oasen und hohe Sanddünen - so eindrucksvoll erleben wie hier. Geländeautos sind unbedingt erforderlich sowie einige Erfahrung mit Dünen. Von Sabha aus führt zunächst eine As-phaltstraße nach Westen bis zu einem kleinen, unscheinbaren Dorf namens Takerkiba, das recht häufig als Ausgangspunkt für die Fahrt in das Seengebiet angesteuert wird. Von dort aus lassen sich die Gewässer in wenigen Stunden erreichen.

Zeugen der Vergangenheit
Dass die Sahara nicht immer lebensfeindlich war, schildern nicht nur Berichte des griechischen Geschichtschreibers Herodot aus dem 5. Jh.v.Chr., sondern auch zahlreiche, mehrere tausend Jahre alte Felsbilder aus dem Akakus-Gebirge im Südwesten des Landes. Bizarr zerklüftete Felsformationen und meterhohe Felswände bilden hier eine atemberaubende Kulisse für jeden, der in dieses Gebirge vordringt. Spektakuläre Sandsteinbögen, gigantische Felsüberhänge, breite Wadis und liebliche Gueltas, kleine, durch Sturzbäche ausgewaschene Wasserreservoirs in engen Tälern, prägen diese faszinierende Landschaft. Geologisch betrachtet zählt der Akakus als östlicher Ausläufer zu Algeriens Tassili-Massiv und besteht vorwiegend aus kambrischem Sandgestein, ist also 600 - 400 Mio Jahre alt. Vergleichsweise kurz dazu die Periode, in der die Menschen eine tragende Rolle in dieser Region eingenommen haben. Anhand der Felsmalereien lässt sich sehr gut erkennen, wie diese Menschen lebten, welche Kleidung sie trugen und welche Tiere sie hielten oder jagten. Äußerst beeindruckend sind die Lebhaftigkeit der Jagdszenen und die detaillierten Ausfüh-rungen der Tierdarstellungen, die von Rindern, Mähnenschafen, Elefanten und Straußen bis hin zu Giraffen reichen. Eine Fahrt in das Akakus-Gebirge kommt somit einer Reise in die Vergangenheit gleich. Als Ausgangspunkt für eine Fahrt in den Akakus dient zumeist Ghat, eine Stadt mit ca. 10.000 Einwohnern am Westrand des Gebirges. Von dort aus führen Pisten zunächst in südliche Richtung entlang der algerischen Grenze und allmählich dann nach Osten hin zum Pass Tarkhakhori, das Tor ins Akakus-Gebirge. Von dort aus lassen sich die meisten Wadis problemlos erreichen. Ein weiteres Sprungbrett für Ausflüge in diese grandiose Landschaft ist das Dörfchen al-Awaynat, ca. 50 km nördlich des Akakus. Um die Schönheit dieser Region richtig genießen zu können, sollte man mindestens 3 - 4 Tage einplanen.

 
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