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ISLANDS SüDEN: GEOLOGISCH-VULKANOLOGISCHE BETRACHTUNGEN

VON CHRISTOF J. HUG-FLECK

 
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Wasserfall Gullfoss (C) Christian Kneissl Landmannalaugar (C) Elisabeth Kneissl-Neumayer Landmannalaugar (C) Mag. Guenter Gruener Landmannalaugar (C) Dirk Bleyer
 

Für jeden Naturfreund und ganz besonders für Vulkanologen ist Island ein Eldorado. Auf der 103.000 qkm großen Insel finden sich mehr Vulkane und andere vulkanische Erscheinungen, als sonst irgendwo auf der Welt. Eine besondere Dichte findet sich auch im Süden und Südwesten der Insel.

Thingvellir - Thingvallavatn
Rund 40 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Reykjavík liegt Thingvellir, die älteste Parlamentsstätte der Welt. Im Jahre 930 n. Chr. versammelten sich zum ersten Mal die Isländer an diesem Platz zum Althing, um Recht und Gesetz zu sprechen. In der Allmännerschlucht (Almannagjá) konnten sich alle Männer Islands versammeln und gleich nebenan - in der Verlängerung der Allmännerschlucht - wurden die Pferde in die Pferdeschlucht (Hrossagjá) gesperrt. Ohne es zu wissen, hielten die alten Isländer ihr Althing auch gleichzeitig an einem geologisch eindrucksvollen Ort ab, denn die Allmänner- und Pferdeschlucht sind im weiteren Sinne die geologische Grenze zwischen Nordamerika und Europa. Westlich von Thingvellir wandert der westliche Teil von Island mit der westlichen Atlantikhälfte - zusammen mit Nordamerika - immer weiter westwärts, während die Gebiete östlich von Thingvellir als Grabenbruch immer weiter absinken. Diese Dehnungs- und Einbruchsbewegungen der Erdkruste sind natürlich immer wieder von Erdbeben begleitet. 1789 ereignete sich hier ein starkes Erdbeben, das vermutlich die Stärke 7,5 erreichte. Bei diesem Beben brach der Graben auf einen Schlag um ca. 60 cm ein. Genaue Geländevermessungen haben ergeben, dass sich im Bereich von Thingvellir die Krustenplatten um durchschnittlich 8 mm jährlich auseinander bewegen und der Grabenbruch sich um den selben Betrag weiter senkt. In den vergangenen 9000 Jahren hat sich der Graben 60 - 90 m abgesenkt! Neben der Allmänner- und Pferdeschlucht sind im Umkreis von einigen Kilometern noch viele dieser rein tektonischen (durch Gesteinsbewegung) Spalten zu beobachten. Dabei fällt auf, dass in der direkten Ver-längerung der Allmänner- und Pferdeschlucht die Abrisskante des jungen Grabenbruches zu verfolgen ist. Selbst 40 km nordöstlich von Thingvellir lässt sich diese Bruchstelle im Kaldidalur noch beobachten. Alle diese Bruchstrukturen und Spalten sind geologisch sehr jung, denn sie durchsetzen Lavaströme, die erst nach Ende der letzten Eiszeit vor rund 12.000 Jahren ausgeflossen sind. Wer durch die Schluchten geht, kann die unermesslichen Kräfte der Natur erahnen, die hier am Werke sind. Diese großräumige Grabenbruchtektonik zeigt sich überaus deutlich auf der Landkarte am Verlauf der Flüsse, Straßen und der Lage der Seen in Nordost/Südwest-Richtung. Im Grabenbruch von Thingvellir hat sich der Thingvallavatn gebildet. Mit einer Fläche von 83 qkm ist er der größte See Islands, seine Tiefe misst 114 m. Inmitten des Sees erhebt sich eine kleine nacheiszeitliche Vulkaninsel namens Sandey. Ihre Entstehung im See lässt Vergleiche mit der Vulkaninsel Surtsey zu, denn beide Inseln entstanden durch Vulkanausbrüche im Wasser.

Gullfoss - der goldene Wasserfall
Der wohl berühmteste Wasserfall Islands dürfte der Gullfoss sein, obwohl die Meinungen über den schönsten Wasserfall Islands weit auseinander gehen. In zwei Stufen, die fast rechtwinkelig zueinander liegen, stürzt der Fluss Hvitá 32 m in die Tiefe. Je nach Jahreszeit liegt die Wassermenge zwischen 30 m3 im Winter und 1600 m3 im Sommer. Die Gründe für die vielen Wasserfälle in Island sind sehr vielfältig. Beim Gullfoss ist es zum einen eine bevorzugte Kluftrichtung im Basaltgestein von Südwest nach Nordost, in dessen Richtung der obere Fall verläuft. Zum zweiten verursacht eine Spaltenzone in Nordwest/Südost-Richtung den unteren Fall. Kann das mit Schutt und Geröll schwerbeladene Wasser erst einmal in die Klüfte und Spalten eindringen, entfaltet es seine volle Erosionskraft. Unterhalb des Gullfoss hat sich die Hvitá in eine tiefe Schlucht eingeschnitten. In dieser Schlucht sind die Gesteinsschichten zu sehen, über die der Gullfoss stürzt. Fallmacher sind zweit harte Basaltschichten, und die relativ weichen Flussschotter, die zwischen den beiden Basalten liegen, sind vom Wasser schnell ausgeräumt. Weiter flussabwärts finden sich in den Schottern fossile Meerestiere, die beweisen, dass einst das Meer weit bis ins Landesinnere eingedrungen ist. Bei Warmzeiten (Interglazial) liegt der Meeresspiegel durch das Abschmelzen der Polkappen um einige Dutzend Meter höher, und zudem sind die gewaltigen Schottermassen zwischen Gullfoss und Südküste erst durch das Abschmelzen der Inlandeismassen der letzten Eiszeiten hier abgelagert worden.

Landmannalaugar
Zwischen Myrdalsjökull und dem Thorisvatn liegt das Rhyolithgebiet des Torfajökull, zu dem auch das Gebiet von Landmannalaugar (die warmen Quellen der Männer von der Region Land) gehören. Dieses Rhyolithgebiet ist mit ca. 400 qkm das größte Islands und liegt im Schnitt 400 ü. NN. Die Rhyolithe wurden fast alle während der letzten Eiszeit gefördert und durch starke Erosion aufgeschlossen. Zusätzlich hat sich durch einen Calderaeinbruch das Gebiet zwischen Landmannalaugar, Torfajökull, Kaldaklofsjökull und Laufafell abgesenkt. So bietet sich die Möglichkeit, quasi in einen Rhyolithvulkan hinein zu schauen. Durch die vulkanischen Gase und mineralhaltigen Lösungen der unzähligen Fumarolen wurde der Rhyolith zersetzt und mit vielen Farben ‘imprägniert’. Rot: durch eisenhaltige Dämpfe und Lösungen. Gelb: ist die typische Farbe des Schwefels. Eine Besonderheit ist der Bláhnúkur mit 943 m Höhe - der blaue Berg. Er besteht aus blau-grün gefärbten subglazialen Hyaloklastiten. An vielen Stellen seiner Flanken sind ehemalige Schlotfüllungen zu sehen. In der Caldera sind einige postglaziale, rhyolithische Laven ausgeflossen, die zu Obsidian erstarrt sind. Obsidian ist ein schwarzes, vulkanisches Gesteinsglas, das aus fast vollständig geschmolzener rhyolithischer Lava bei sehr schneller Abkühlung entsteht. Bei dieser schnellen Abkühlung können keine Mineralien kristallisieren, sondern der amorphe Flüssigkeitszustand der Schmelze wird quasi ‘eingefroren’. Man spricht von einem Gesteinsglas, da die innere Struktur die gleiche ist wie bei Fensterglas, das ebenfalls hauptsächlich aus Kieselsäure besteht, aber in höherer Reinheit als beim pechschwarzen Obsidian. Die schwarze Farbe des Obsidians rührt in erster Linie von den dunklen Bestandteilen Magnesium und Mangan, die zusammen aber nur wenige Gewichtsprozente ausmachen. Am Fuß des Laugarhraun fließt ein warmer Bach, der an seinen heißesten Stellen bis zu 70°C erreicht. Wo sich die heiße Quelle etwas abkühlt, ist ein einzigartiger Natur-Badeplatz.

 
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