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SPANIENS UNBEKANNTER UND GROßARTIGER OSTEN: ARAGóN UND NAVARRA

VON ELISABETH KNEISSL-NEUMAYER

 
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Sie glauben, Spanien schon restlos zu kennen – Andalusien, Jakobsweg, natürlich auch Kastilien und Extremadura, das Baskenland ebenso. Aber es zieht Sie immer wieder in dieses einzigartige Land ...
Sie dürfen sicher sein, es gibt noch Großartiges zu entdecken. Wir folgen mit unserer neuen Route dem Hauptkamm der Pyrenäen, aber auch den großen Flusstälern des Ebro und des Duero. Und wir folgen den dynastischen Verbindungen zwischen Katalonien und Aragón, später Aragón und Kastilien, auf dem Weg von Barcelona nach Madrid.
 
Fangen wir einfach in Barcelona an – auch das glauben wir zu kennen. Aber allein die unbekannteren Bauten des Modernisme, des katalanischen Jugendstils, der Barcelona zu einer kulturellen Hochblüte verhalf, machen den ersten Tag unserer Reise schon sehr eindrucksvoll. Lluís Doménech i Montaner hat nicht nur begnadete Jugendstil-Formenwelten geschaffen (der Palau de la Música Catalana schmückt unseren Europa-Katalog 2022), sondern sich auch intensiv mit technischen Neuerungen befasst und im Hospital de la Santa Creu i Sant Pau einzigartig umgesetzt. Großzügige Spitalsbauten inmitten eines weitläufigen Gartens – bis Anfang des 20. Jh. war das Spital im engen Altstadtviertel von Raval zu finden. Wie kann man Kranke bestmöglich betreuen und sich gleichzeitig der Forschung widmen? Diese Fragen wurden in einem atemberaubend schönen Gesamtkunstwerk umgesetzt, das Anfang der 10er Jahre des 20. Jh. sogar nachhaltige Ideen zu Lüftung und Heizung umfasste!
Wer an Modernisme in Barcelona denkt, denkt fast immer zuerst an Antoni Gaudí – die Fassaden seiner Bauwerke kennen wir natürlich, aber wir wollen hinter die Fassaden schauen, um seine Perspektiven zur Architektur zu verstehen. Sein meist-verspottetes Bauwerk ist die Casa Milá – Steinbruch, La Pedrera, genannt. Die Casa Milá präsentiert sich als starker Kontrast zu Doménech i Montaners Spital – organische Formen bestimmen die Fassade, die Balkone und auch die fast dämonischen Lüftungstürme – Wächter der Nacht. Nach einer Ausstellung zu Gaudís Formensprache bewundern wir das Interieur dieser Zeit in einer wunderschönen Wohnung aus der Zeit des Jugendstils.
 
Wir wollen weiter nach Aragón – nach der Verbindung der beiden Königshäuser Aragón und Barcelona im Jahr 1137 gründete man
rasch ein königliches Kloster. 1151 wurde der Grundstein für das Kloster Santa Maria de Poblet gelegt, die nachmalige königliche Grablege entwickelte sich zu einem bedeutenden Kulturzentrum mit einzigartiger Bibliothek. Es ist das größte und prächtigste Königskloster Spaniens und das besterhaltene Zisterzienser-Kloster Westeuropas. Viele eindrucksvolle Attribute für einen prachtvollen Bau, der inmitten der fruchtbaren Weinberge der Conca de Barberà liegt. Seine Trauben werden rings um Montblanc zu Cava, dem katalanischen Schaumwein, gekeltert.

 
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Wir folgen dem Ebro-Tal weiter Richtung Westen, gelangen nach Zaragoza, die schöne Hauptstadt Aragóns, in der sich römische, muslimische, jüdische und christliche Kultur verewigt haben. Gewaltig und ehrfurchtgebietend erheben sich 4 hohe Türme und 11 Kuppeln über der Basílica del Pilar am Ufer des Ebro. Die Muttergottes auf der Säule soll dem Apostel Jakobus erschienen sein und ist bis heute hochverehrt als Schutzheilige aller spanisch-sprachigen Länder. Während die Basilika von außen strahlt, glänzt die Kathedrale mit ihrer prachtvollen Innenausstattung. Zaragoza ist eine überaus lebendige Stadt mit schöner alter Bausubstanz im Kontrast zu den hypermodernen Bauten am EXPO-Gelände von 2008, die sich damals dem Thema Wasser und Nachhaltigkeit verschrieben hatte. Eine fantastische Verbindung muslimischer und christlicher Architektur ist der in Aragón allgegenwärtige Mudéjar-Stil: maurische Formen für christliche Gebäude – so präsentieren sich einige Kirchtürme, aber auch das Stadtschloss Aljafería, dessen älteste Teile 1065 entstanden. Es sind vor allem die fantasievollen Bögen und Hallen, die den Reiz der Anlage ausmachen. Weitere besonders schöne Mudéjar-Arbeiten finden wir in den kleinen Stadt Tarazona, die sich mit ihren Türmen und verzierten Ziegelbauten über einen Berghang zieht.
 
Aus der Ferne sehen wir bereits die Vorberge und den Hauptkamm der Pyrenäen – durch ein mächtiges Durchbruchstal mit schönen Ausblicken erreichen wir die Festungsstadt Jaca. Hier sind wir mitten auf dem aragonesischen Jakobsweg gelandet, der die Fülle herrlichster mittelalterlicher Kunst und farbenprächtiger Fresken erklärt. Die herausragende Sammlung im Diözesanmuseum von Jaca zeigt romanische und gotische Fresken aus dem 11. – 14. Jh., die aus zahlreichen Kirchen der Region gerettet wurden und hier gemeinsam mit Skulpturen und Kapitellen gezeigt werden. Ganze Bildzyklen sind in ihrer unvergleichlichen Farbkraft zu bewundern – vor Ort spricht man von der aragonesischen Sixtina ... Mir geht das Christus-Porträt aus der verfallenen Kirche von Ruesta nicht mehr aus dem Kopf ...
 
In der schönen Bergwelt unweit von Jaca verbirgt sich ein Kleinod romanischer Baukunst, das Kloster San Juan de la Peña, das als königliches Kloster unter gewaltigen überhängenden Felsen 1025 gegründet wurde. Neben der Grablege der Könige von Aragón besticht der Kreuzgang mit seinen Kapitellen. Wie in Poblet bestand auch hier ein Zentrum von Kunst und Wissenschaft mit einem bedeutenden Skriptorium.
 
Weiter westlich entlang des Jakobswegs liegt hoch auf einem Ausläufer der Pyrenäen ein besonders schön erhaltener mittelalterlicher Ort – Sos del Rey Católico, Geburtsort von Ferdinand dem Katholischen und ausgestattet mit zahlreichen Palästen, einer wehrhaften Kirche und vielen romantischen Gassen. Nur unweit nördlich des Yesa-Stausees liegt versteckt am Hang die Abtei San Salvador de Leyre – auch hier zeigt sich romanische Architektur und Bildhauerei vom Allerfeinsten. Eine sehr spezielle Krypta mit tief angesetzten Bögen, ein prachtvolles Portal und der Vespergesang der Mönche sind die Zutaten für unsere Übernachtung fernab jeder „weltlichen“ Hektik.

 
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Mit Leyre haben wir die Region Navarra erreicht, im Mittelalter ein baskisches Königreich, das im 16. Jh. von Kastilien erobert wurde. Bis zum heutigen Tag ist das Baskische sehr präsent – nicht nur in den zweisprachigen Ortsschildern, sondern als gelebte Sprache und mit gelebten Traditionen wie dem Pelota-Spiel, der Begeisterung für Pintxos (der baskischen Variante der Tapas) sowie den Fiestas, wo sich Jung und Alt treffen. Eines der ausgelassensten Feste - zu Ehren des Hl. Fermin – hat Ernest Hemingway in seinem Roman „Fiesta“ geschildert. Die alte schöne Hauptstadt Navarras, Pamplona, ist im Juli Austragungsort dieser San Fermin-Fiestas, die jährlich mit ihren Stierhatzen internationale Schlagzeilen machen. Die meisten Besucher sind wie wir glücklich, Pamplona unter „normalen“ Bedingungen kennenzulernen – eine von mächtigen Stadtmauern befestigte Stadt mit wunderschönen Kirchen und schönen Plätzen – lebendig und lebensfroh. Gleich neben der Kirche des Hl. Saturnino (Saint-Sernin in Toulouse) und dem Rathaus liegt unser Hotel und bietet – nur wenige Schritte entfernt – nette Bars und Lokale, in denen die ganze Vielfalt der Pintxos verkostet werden kann.
 
Nach einem kurzen Stopp beim Königsschloss von Olite erreichen wir eine der eigenartigsten Landschaften Navarras, die man durchaus noch als Geheimtipp bezeichnen darf – obwohl sie Ihnen vielleicht aus Filmen bekannt erscheint. Es ist eine magische, einzigartig schöne und wilde Landschaft, die wir hier erkunden wollen: Der Naturpark Bardenas Reales im Südosten Navarras zählt seit 2000 zu den Biosphären-Regionen der UNESCO – eine Halbwüste mit teils bizarren, teils farbenprächtigen Erosionsformen, die jeden Besucher begeistern. Einsame Felsfinger ragen in den Himmel, ausgewaschene Hänge aus Gips und Ton treffen auf wilde Schluchten inmitten dieser Mondlandschaft.
 
Südlich der Bardenas Reales erstreckt sich der Gemüsegarten Aragóns (ja, wir sind Grenzgänger und wechseln immer wieder die Regionen ...) – rings um die Stadt Tudela liegen schier endlose Anbaugebiete für Broccoli, Bohnen, Spargel, Paradeiser, Artischocken u.v.m. Kaum eine Stadt in Spanien, die so fantasievolle, raffinierte und voller Liebe zubereitete Gemüsegerichte anbietet.
 
Über weite Hochebenen mit gut 900 – 1000 m Seehöhe gelangen wir schließlich nach Kastilien und in die Stadt Soria, u.a. die Stadt des Antonio Machado, der sie als „Stadt der Dichter“ bezeichnete. Auch Peter Handke hat hier 1990 literarische Spuren mit seinem „Versuch über die Jukebox“ hinterlassen. Neben den literarischen Aspekten ist es nochmals die Kunst der Romanik, die uns hier raffiniert, mit ganz frühem Mudéjar-Einfluss, begegnet. Das Kloster San Juan de Duero – mit Soria haben wir das Flusstal des Duero erreicht - und die Kirche Santo Domingo sind auf der gleichen einzigartigen Schaffenshöhe wie die Klöster, die wir in den Pyrenäen besucht haben. Nur eben auch wunderbar anders.
 
Wie wir zuerst dem Ebro gefolgt sind, folgen wir jetzt dem Duero und erkunden nur wenige Kilometer neben der Hauptstraße das bezaubernde Dorf Calatañazor, das wie aus der Zeit gefallen wirkt, wir spazieren im Naturpark Cañon del Río Lobos zur geheimnisumwitterten Templerkirche Ermita de San Bartolomé und bestaunen südlich des Duero die jahrhundertealte Grenzlinie zwischen Mauren und Christen. Und hier in Gormaz die Überreste der einst größten arabischen Festung auf europäischem Boden, von der wir das weite mäandrierende Flusstal überblicken; nicht weit entfernt das Castillo de Berlanga de Duero, das nach der Reconquista als christliches Gegenstück errichtet wurde – beide Burgen mit endlosen Mauerwällen und Türmen.
 
Die letzte Etappe nach Madrid schmückt noch die Universitätsstadt Alcalá de Henares, die Geburtsstadt von Miguel de Cervantes, die kaum auf einer Reiseroute liegt.
Vom Hochgebirge bis zur Halbwüste, von den Flusstälern bis zu den kastilischen Hochebenen haben wir viel erlebt, erstklassige Weine wie Cava, Navarra-Weine und Ribeira verkostet, im Kloster und in der Burg genächtigt und vor allem fantastische Kulturplätze kennengelernt. Folgen auch Sie uns auf dieser Route durch die terra incognita Ostspanien!

 
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